Liebe Leute,

reden wir nicht lange um den heißen Brei … der Krämerladen steht vor dem Ende. Und leider ist es gerade nicht mehr 5 vor 12, sondern schon danach. Die letzten 1-2 Wochen bin ich damit beschäftigt, Lösungen zu suchen, Wege zu finden. Aber es hilft nichts, das Konto ist leer (und auch mehr als das). Und wenn wir jetzt keine Lösung finden, dann gehen die Lichter aus.

Hätte ich das schon früher erkennen können?

Definitiv. Das es nicht mehr gut läuft ist ja schon lange klar. Und vermutlich hätte ich schon längst die Reißleine ziehen sollen. Warum ich es nicht getan habe? Weil ich nach wie vor an das Konzept glaube. Nicht zwangsläufig unverpackt, aber BIO, nachhaltig, regional, fair, müllvermeidend. Meine ganz persönliche Überzeugung ist (und diese teilen auch viele andere), dass wir nur mit neuen Konzepten und bewussterem Konsum eine lebenswerte Welt erhalten können. Und ja, das klingt immer sehr pathetisch, aber mittlerweile ist glaube ich einigermaßen erkennbar, dass die Welt vor dem Kollaps steht. Und es ist an uns, das zu ändern. Oder wie Barack Obama einst sagte: “Wir sind nicht die letzte Generation, die den Klimawandel erleben wird, aber wir sind die letzte Generation, die etwas gegen den Klimawandel tun kann.” (August 2015(!)).

Ein weiterer Grund, dass es den Krämerladen noch immer gibt, ist es eher pragmatischer Natur: Mein Mietvertrag läuft bis April 2024. Und auch, wenn der Laden schließt, muss ich diesen erfüllen. Bedeutet, dass ich monatlich knapp 2.000€ für einen Leerstand zahlen müsste. Da lasse ich doch lieber den Laden offen, damit die Kosten zumindest gedeckt werden ;-).

Ist es denn so viel schlechter geworden?

Schwer zu sagen – Umsatz und Kundenzahl sind im Großen und Ganzen nicht stark nach unten gegangen. Aber leider auch nicht nach oben. Gleichzeitig sind aber die Kosten gestiegen. Zu den Mietkosten von knapp 2.000€ kommen mittlerweile gute 600€ Strom pro Monat (trotz LED), mein Personal bekommt (nur) den Mindestlohn (12€/h), weil einfach nicht mehr drin ist. Lohnnebenkosten, Kreditrate, Versicherungen, Gebühren für die BIO-Kontrolle (ca. 1.000€/Jahr), sinkende Margen und und und … Dazu kommt, dass die meisten Lieferanten ihre Konditionen verändert haben – einige nehmen nur noch Vorkasse, andere liefern erst ab 1.000 netto Einkaufswert. Dadurch wird sehr viel Kapital in Ware gebunden. Ich bin froh, dass ich meine Mitarbeiter und Miete immer pünktlich zahlen konnte, aber anderes bleibt auf der Strecke. Seit dem letzten Sommer schiebe ich private Schulden von knapp 10.000€ vor mir her, weil ich zuschießen musste und es nicht mehr ausgeglichen bekomme.

Ist das Konzept vielleicht doch nicht überlebensfähig?

Wie oben schon gesagt bin ich der festen Überzeugung, dass es ein Umdenken braucht. Einige haben vielleicht mitbekommen, dass bereits letzte Woche der “Earth Overshoot Day” in Deutschland erreicht war. Vereinfacht gesagt markiert der Earth Overshoot Day den Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen, die die Erde innerhalb eines Jahres zur Verfügung stellen kann, aufgebraucht hat. Konkret: In Deutschland leben wir massiv über unsere Verhältnisse. Vielleicht bin ich naiv (aber braucht es nicht manchmal genau das?), vielleicht bin ich zu optimistisch, vielleicht schaue ich auch lieber weg. Ich denke nicht, dass das reine Unverpackt-Konzept die Lösung ist. Aber: Wenn wir schon mal weg von den (fossilen) Einwegverpackungen kommen, ist viel erreicht. Wenn wir wieder regionaler einkaufen, ist viel erreicht. Wusstet ihr, dass ich mittlerweile Chia-Samen aus Bayern im Sortiment habe? Wenn wir wieder saisonaler einkaufen, ist viel erreicht. Wenn wir bewusster konsumieren, in den Mengen, die wir benötigen, ist viel erreicht. Wenn jeder einfach mal einen Freund, Nachbarn, Kollegen mitbringt, ist viel erreicht.

Anne Marie Bonneau, eine der Vorreiterinnen der ZeroWaste Bewegung sagt einst:
“We don’t need a handful of people doing zero waste perfectly. We need millions of people doing it imperfectly.”

Ich habe daraus gemacht: Kleine Veränderungen machen den Unterschied. Denn es muss nicht jeder das große Ganze wollen und machen. Kleine Schritte führen auch zum Ziel!

Wie ist die Lage in anderen Städten und Läden?

Ihr habt es vielleicht mitbekommen. Unsere ganze Branche steht vor dem Aus. Aber nicht nur Unverpackt, sondern auch BIO. In den letzten 12 Monaten haben bundesweit ca. 60 Unverpacktläden dicht gemacht. Darunter alt eingesessene Läden, die bereits seit 7-8 Jahren existiert haben. In Städten wie Berlin, Münster, Dresden oder auch Köln. Wir alle kämpfen. Und während andernorts Branchen wie die Auto- oder Luftfahrtindustrie hofiert werden, werden wir kleinen Läden, die eine Veränderung unterstützen wollen, stets belächelt, aber bloß nicht unterstützt. Die kleinen Läden, die die Innenstädte am Leben halten, die überhaupt erst Vielfalt ermöglichen in all dem Einerlei, diese Läden kämpfen alle. Egal ob unverpackt, bio, Spielzeug, Buchhandlung und und und. Stellt euch eine Innenstadt ohne den inhabergeführten Einzelhandel vor.

Wie geht es weiter?

Lange Rede, kurzer Sinn. Ich brauche Hilfe. Und zwar finanzieller Natur. Und – da bin ich absolut ehrlich – ich werde es nicht zurückzahlen können. Daher habe ich eine Kampagne auf betterplace.me gestartet, über die man spenden kann. Spenden für den Erhalt des Krämerladens. In Kürze werde ich noch eine Art Mitgliederprogramm starten – die Krämerei. Wie genau das aussieht, konzipiere ich gerade noch, aber es wird auf jeden Fall eine Unterstützung mit Gegenleistung sind.

DANKE.

Danke an alle, die den Krämerladen seit fast 4 Jahren unterstützen, die mir die Treue halten, die meinen Gesang und die schlechten Witze und Videos ertragen. Danke für all die Geduld, wenn mal etwas nicht vorrätig haben. Danke für all die netten Gespräche und Ideen. Und jetzt schon mal DANKE für eure weitere Unterstützung!

 

Gemeinsam in die Zukunft
Krämerei – sei dabei.

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Liebe Leute,

reden wir nicht lange um den heißen Brei ... der Krämerladen steht vor dem Ende. Und leider ist es gerade nicht mehr 5 vor 12, sondern schon danach. Die letzten 1-2 Wochen bin ich damit beschäftigt, Lösungen zu suchen, Wege zu finden. Aber es hilft nichts, das Konto ist leer (und auch mehr als das). Und wenn wir jetzt keine Lösung finden, dann gehen die Lichter aus.

Hätte ich das schon früher erkennen können?

Definitiv. Das es nicht mehr gut läuft ist ja schon lange klar. Und vermutlich hätte ich schon längst die Reißleine ziehen sollen. Warum ich es nicht getan habe? Weil ich nach wie vor an das Konzept glaube. Nicht zwangsläufig unverpackt, aber BIO, nachhaltig, regional, fair, müllvermeidend. Meine ganz persönliche Überzeugung ist (und diese teilen auch viele andere), dass wir nur mit neuen Konzepten und bewussterem Konsum eine lebenswerte Welt erhalten können. Und ja, das klingt immer sehr pathetisch, aber mittlerweile ist glaube ich einigermaßen erkennbar, dass die Welt vor dem Kollaps steht. Und es ist an uns, das zu ändern. Oder wie Barack Obama einst sagte: "Wir sind nicht die letzte Generation, die den Klimawandel erleben wird, aber wir sind die letzte Generation, die etwas gegen den Klimawandel tun kann." (August 2015(!)).

Ein weiterer Grund, dass es den Krämerladen noch immer gibt, ist es eher pragmatischer Natur: Mein Mietvertrag läuft bis April 2024. Und auch, wenn der Laden schließt, muss ich diesen erfüllen. Bedeutet, dass ich monatlich knapp 2.000€ für einen Leerstand zahlen müsste. Da lasse ich doch lieber den Laden offen, damit die Kosten zumindest gedeckt werden ;-).

Ist es denn so viel schlechter geworden?

Schwer zu sagen - Umsatz und Kundenzahl sind im Großen und Ganzen nicht stark nach unten gegangen. Aber leider auch nicht nach oben. Gleichzeitig sind aber die Kosten gestiegen. Zu den Mietkosten von knapp 2.000€ kommen mittlerweile gute 600€ Strom pro Monat (trotz LED), mein Personal bekommt (nur) den Mindestlohn (12€/h), weil einfach nicht mehr drin ist. Lohnnebenkosten, Kreditrate, Versicherungen, Gebühren für die BIO-Kontrolle (ca. 1.000€/Jahr), sinkende Margen und und und ... Dazu kommt, dass die meisten Lieferanten ihre Konditionen verändert haben - einige nehmen nur noch Vorkasse, andere liefern erst ab 1.000 netto Einkaufswert. Dadurch wird sehr viel Kapital in Ware gebunden. Ich bin froh, dass ich meine Mitarbeiter und Miete immer pünktlich zahlen konnte, aber anderes bleibt auf der Strecke. Seit dem letzten Sommer schiebe ich private Schulden von knapp 10.000€ vor mir her, weil ich zuschießen musste und es nicht mehr ausgeglichen bekomme.

Ist das Konzept vielleicht doch nicht überlebensfähig?

Wie oben schon gesagt bin ich der festen Überzeugung, dass es ein Umdenken braucht. Einige haben vielleicht mitbekommen, dass bereits letzte Woche der "Earth Overshoot Day" in Deutschland erreicht war. Vereinfacht gesagt markiert der Earth Overshoot Day den Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen, die die Erde innerhalb eines Jahres zur Verfügung stellen kann, aufgebraucht hat. Konkret: In Deutschland leben wir massiv über unsere Verhältnisse. Vielleicht bin ich naiv (aber braucht es nicht manchmal genau das?), vielleicht bin ich zu optimistisch, vielleicht schaue ich auch lieber weg. Ich denke nicht, dass das reine Unverpackt-Konzept die Lösung ist. Aber: Wenn wir schon mal weg von den (fossilen) Einwegverpackungen kommen, ist viel erreicht. Wenn wir wieder regionaler einkaufen, ist viel erreicht. Wusstet ihr, dass ich mittlerweile Chia-Samen aus Bayern im Sortiment habe? Wenn wir wieder saisonaler einkaufen, ist viel erreicht. Wenn wir bewusster konsumieren, in den Mengen, die wir benötigen, ist viel erreicht. Wenn jeder einfach mal einen Freund, Nachbarn, Kollegen mitbringt, ist viel erreicht.

Anne Marie Bonneau, eine der Vorreiterinnen der ZeroWaste Bewegung sagt einst:
"We don’t need a handful of people doing zero waste perfectly. We need millions of people doing it imperfectly."

Ich habe daraus gemacht: Kleine Veränderungen machen den Unterschied. Denn es muss nicht jeder das große Ganze wollen und machen. Kleine Schritte führen auch zum Ziel!

Wie ist die Lage in anderen Städten und Läden?

Ihr habt es vielleicht mitbekommen. Unsere ganze Branche steht vor dem Aus. Aber nicht nur Unverpackt, sondern auch BIO. In den letzten 12 Monaten haben bundesweit ca. 60 Unverpacktläden dicht gemacht. Darunter alt eingesessene Läden, die bereits seit 7-8 Jahren existiert haben. In Städten wie Berlin, Münster, Dresden oder auch Köln. Wir alle kämpfen. Und während andernorts Branchen wie die Auto- oder Luftfahrtindustrie hofiert werden, werden wir kleinen Läden, die eine Veränderung unterstützen wollen, stets belächelt, aber bloß nicht unterstützt. Die kleinen Läden, die die Innenstädte am Leben halten, die überhaupt erst Vielfalt ermöglichen in all dem Einerlei, diese Läden kämpfen alle. Egal ob unverpackt, bio, Spielzeug, Buchhandlung und und und. Stellt euch eine Innenstadt ohne den inhabergeführten Einzelhandel vor.

Wie geht es weiter?

Lange Rede, kurzer Sinn. Ich brauche Hilfe. Und zwar finanzieller Natur. Und - da bin ich absolut ehrlich - ich werde es nicht zurückzahlen können. Daher habe ich eine Kampagne auf startnext.com gestartet, über die man spenden kann. Spenden für den Erhalt des Krämerladens. In Kürze werde ich noch eine Art Mitgliederprogramm starten - die Krämerei. Wie genau das aussieht, konzipiere ich gerade noch, aber es wird auf jeden Fall eine Unterstützung mit Gegenleistung sind.

DANKE.

Danke an alle, die den Krämerladen seit fast 4 Jahren unterstützen, die mir die Treue halten, die meinen Gesang und die schlechten Witze und Videos ertragen. Danke für all die Geduld, wenn mal etwas nicht vorrätig haben. Danke für all die netten Gespräche und Ideen. Und jetzt schon mal DANKE für eure weitere Unterstützung!